Die weiße Hölle vom Piz Palü

Veröffentlicht: 15.04.2013 in Bergtour, Urlaub
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Abendstimmung am Piz Palü

Kurzfristig haben Marek und ich uns entschlossen, ein verlängertes Wochenende auf den Schweizer Bergen zu verbringen. Marek ist ein Kollege von mir, ausgebildeter Bergführer und Triathlet. Ich weder das eine, noch das andere! 😉

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Samstag (14.07.2012) bin ich erstmal alleine nach Pontresina gefahren und habe mich dort mit Marek an der Talstation des Kabinenlifts zum Berghaus Diavolezza (2973m) getroffen.

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Mit dem Kabinenlift ging es zur Hütte. Obwohl Hütte die Sache nur unzulänglich trifft. Das Berghaus Diavolezza ist keine Berghütte im klassischen Still. Eher ein Berghotel mit angeschlossenem First-Class Restaurant.

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Wir hatten Vollpension im Bettenlager gebucht. Ohne Verpflegung ging es nicht und wir hätten uns später wohl auch geärgert. Der Spaß kostete uns 69SF/Nacht, aber dafür bekamen wir Abends ein 4(!) Gangmenü, das sich hinter keinem „normalen“ Restaurant verstecken muss. Einzig unsere Bergkleidung passte nicht ganz ins Ambiente.

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Sonntag haben wir versucht den Piz Cambrena zu besteigen. Losgehen sollte es um 6Uhr. Doch im Bettenlager steht man auf, wenn die ersten aufstehen. Das war um 05:15Uhr. Beim Frühstück waren wir trotz des frühen Aufstehens, die letzten. Das Frühstück war ähnlich wie das Abendessen. Buffet, lecker, reichlich und nichts zu meckern. Leckeren Latte Machiato, auf welcher Berghütte bekommt man sowas?

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Das Wetter war diesig und neblig aber trocken. Die Sicht war brauchbar. Die Gipfel aber alle in Wolken verhüllt. Von der Diavolezza (2973m) ging erstmal ein bis zwei hundert Meter durch eher wegloses Geröll Gelände Bergrunter, bevor wir auf dem eigentlichen Gletscher standen. Ab dort ging es nur noch angeseilt und auf Steigeisen weiter. In dem Bereich, in dem wir waren, bestand der Gletscher großteilig aus Eis, auf dem es sich relativ gut ging. Gletscherspalten waren da, ließen sich aber gut umgehen. Wirklich reingefallen sind wir nicht, aber doch schon mal bis zum Bauch eingesackt. Allerdings war unser großes Problem, das wir keine Spuren von anderen sehen konnten. Irgendwann kam uns eine Gruppe Italiener entgegen, die aufgegeben haben. Den war es zu gefährlich. Eine Erkenntnis, die uns auch schon gekommen war. Wir sind noch etwas weiter marschiert, aber als dann noch leichter Schneefall einsetzte, zudem die Gipfel immer noch nicht sichtbar waren, haben auch wir uns entschlossen umzudrehen. Das war ungefähr nach 2,5h, die wir natürlich auch wieder zurücklaufen mussten.

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Nur 5h nach dem losgehen, waren wir wieder an der Hütte. Ich für meinen Teil, kein Triathlet, war damit erstmal bedient. Marek hat dann noch kurz einen anderen Gipfel gemacht. Und gemeinsam sind wir Nachmittags den Piz Korvat Klettersteig gegangen. Schöner steiler Klettersteig, mit kurzen ½ h Zustieg, 1h steil Bergauf, mit Leitern, Stiften und einer Hängebrücke, aber sehr gut gesichert und dann noch eine Stunde zurück. Der hat Spaß gemacht.

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Anschließend dann wieder das vier Gang Abendmenü. So lässt sich leben. Fehlt noch die Masseuse die einem die Waden durch knetet … aber das ist eine andere Geschichte.

Montag war dann unser großer Piz Palü Tag. Geplant wollten wir um 5Uhr aufstehen. Aber unsere Beischläfer sahen das anders. Diesmal war die Nacht um 4Uhr zu Ende. Trotzdem waren wir auch dieses mal wieder die letzten beim Frühstück. Ich weiß nicht wie die anderen das hinbekommen … 😉

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Dafür waren wir ab 5Uhr im Dunkeln schon unterwegs Richtung Gletscher. Es hatte leicht geschneit und die Felsen hatten eine hauchdünne Schneeschicht. Gerade soviel, das sie leicht glatt waren. Der Sonnenaufgang war fantastisch und hat für das frühe Aufstehen entlohnt.

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Nach etwa einer Stunde horizontalem Gehen, hatten wir den Gletscher erreicht. Ab jetzt ging es nur noch durch Eis und Schnee weiter, bis wir wieder hier waren. Helm auf, Hüftgurt um, anseilen, Steigeisen anlegen und Eispickel klar gemacht, so ging es los. Am Anfang kamen wir relativ zügig im moderaten Gelände über mehr Eis als Schnee gut voran. Doch bereits nach weniger als einer Stunde wurde das Gelände steiler und das Eis wechselte zu Schnee. Marek ging vor. 30 Schritt bergan, Pause, versuchen Luft zu holen und wieder 30 Schritt weiter. Das ganze vier weitere Stunden bis wir den Gipfel erklommen hatten. Gletscherspalten, die wir gesehen haben, gab es reichlich. Von klein, die mit einem Schritt zu überwinden waren, bis riesig, das ein Bus hätte drin parken können. Allerdings sind erkennbare Gletscherspalten, die harmloseren. Unangenehmer sind die, die man nicht sieht. Die sind uns aber erspart geblieben und dafür waren wir auch angeseilt.

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Je weiter wir nach oben kamen, desto heftiger wurde der Wind. Und mit dem Wind kam auch leichter Schnee angeflogen. Nicht gefährlich aber doch recht erfrischend. Und auf die Dauer unangenehm.

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Die letzten 100-200m zum Gipfel waren für mich ein letzter Kraftakt. Körperlich, wie auch psychologisch. Meiner Meinung nach, war der Gipfel sehr steil. Der Blick nach unten ließ mich daran zweifeln, das ich jemals wieder hier runter wollte. Aber nach einer kurzen Diskussion mit Marek, hat er mich davon überzeugt, das wenn ich schon nicht mehr runter wollte, der Gipfel doch der schönere Platz zum kampieren sei. 😉

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Somit war auch ich um 10:??Uhr nach nur 5h Fußmarsch auf dem 3883m hohen Piz Palü angekommen. Es war schon ein erhebendes Gefühl, hier oben zu stehen. Sonne satt, blauer Himmel, gute Aussicht. Lange genießen konnten wir das allerdings nicht, den mittlerweile war uns klar, warum alle anderen so früh aufstehen. Die Sonne lässt den Schnee antauen und damit verliert er seine Tragfähigkeit. Je später am Tag es ist, desto gefährlicher wird es. Somit sind wir schon bald umgekehrt.

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Die alte Klettererweissheit behauptet, das dort wo man rauf kommt, man auch wieder runter kommt. Von einem schneebedeckten Gipfel runter zuschauen, lässt einen allerdings leicht daran Zweifel. Ich kam mir vor, als ob ich auf einem Hausdach stehe, dessen Dachziegel aus Murmeln bestehen. Aber auch das lässt sich überleben. Nach den ersten Schritten, gewann das Vertrauen in den Berg, und je näher wir dem flacheren Gefilde kamen, desto mehr gewann auch meine Zuversicht, den Trip zu überleben.

Nach weiteren 4h waren wir endlich wieder vom Gletscher runter. Am Ende des Weges über das Eis, war der Gletscher schon arg angetaut und wir auch erschöpft. Die meisten „Ausrutscher“ sind mir in der letzten Stunde auf dem Gletscher passiert. Glücklicherweise aber nichts ernstes.

10 ½h später und nach nur 10,5km waren wir wieder zurück in unserer Delux Berghütte.

Hatte ich erwähnt, das unsere Berghütte auch heiße Duschen in unbegrenzter zeitlicher Länge im Preis enthalten hat? Nach so einer Tour, einfach nur himmlisch. Dann noch anschließend, das abendliche 4 Gangmenü und langsam ist die Welt wieder in Ordnung.

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Am nächsten Morgen konnten wir ausschlafen und sind erst um 6(!) Uhr aufgestanden. Nach einem ausgiebigen Frühstück, sind wir mit dem ersten Lift um 8:30Uhr ins Tal gefahren. 9:15Uhr war ich im Auto und um 16:15Uhr nach stressfreier und staufreier Fahrt, wieder zu Hause.

Damit gingen ereignis- und aktionsreiche 4 Tage zu Ende. Für mich mal wieder ein Trip, den ich nicht vergessen werde und ohne meine kompetente und sichernde Begleitung nie gemacht hätte.

Danke Marek, gerne wieder!

Matthias

PS.: Weitere Bilder sind hier zu finden.

PPS.: Und wenn man auf dem Piz Palü war, will man natürlich auch den berühmten Stummfilm gesehen haben. Und der ist gar nicht schlecht!

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